lüder h. niemeyer - 60 jahre unverwechselbar

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Geradezu modern — reich im Bild , präzis-knapp im Wort

Johann Elias Ridinger, Ankunft des Fürsten (Ausschnitt)

Die Par force Jagd des Hirschen

als gleichermaßen künstlerisches Ereignis und
Triumph der reifen Jahre

in einem Exemplar unglaublicher Schönheit

Dem noch 158 Jahre später
Der Blaue Reiter Franz Marc seine Reverenz erweisen wird

Wie bislang übersehen

Ridinger, Johann Elias (Ulm 1698 – Augsburg 1767). Die Par force Jagd des Hirschen und deren ganzer Vorgang mit ausführlicher Beschreibung. (Augsburg, Selbstvlg., 1756.) Vierteilige Folge von

16 Blatt in Radierung mit Kupferstich

(ca. 31-31,5 × 47,5-48,5 cm [12¼-12⅜ × 18¾-19⅛ in).

Thienemann + Schwarz 49-64; LeBlanc 112-127; Kunst-Catalog Weigel 16545 (»alte jetzt nur selten vorkommende Abdrücke«, 1847!) + Abt. XXVIII (1857), Ridinger 4 A (von C); Katalog Frhr. von Friesen (1847), 1035 (»sehr seltene Folge«); Helbing XXXIV (Ridinger, 1900), 141 (»Neue Abdrucke«, wohl noch nach Weigel 4 C); Halle LXVIII (1928), 322 (nur 15 Blatt, davon nur 5 breitrandig); Schwerdt III (1928), 134 (»A fine set, of historical value, which is much sought after«); Thiébaud (1934) 783:

« Une des plus belles suites de Ridinger »

Cat. Jeanson (1987), 490; Ridinger-Katalog Kielce (1997), 15-26 nebst 4 Abbildungen (nur 12 Bll.); Solms-Laubach, Die schönsten Jagdbilder aus europäischen Sammlungen, 1961, SS. 118 f. + dblgr. Abbildung

( »Der einzige Maler in diesem Buch, der den Namen Jagdmaler verdient, ist Johann Elias Ridinger … Er schuf meist ganze Serien, die alle Jagd- und Wildarten erschöpfend behandeln. Die stets beigegebenen Texte (in Deutsch) erläutern mit wissenschaftlicher Genauigkeit das Dargestellte …« );

Stubbe, Joh. El. Ridinger, 1966, SS. 15 ff. nebst 2 Abbildungen

» eindrucksvolle[s] Zeugnis von Ridingers reifer Stecherkunst! «

Das Buch der Jagd, 1977, SS. 52 ff. nebst 7 Abbildungen; Blüchel, Die Jagd, 1996, I, SS. 135 f. nebst 8 Abb.

Das unter jeglichem Aspekt herrliche Exemplar

auf plano Linien-Papier (ohne Mittelfalte!) mit seitlich ca. 8,9-13 (3½-5⅛) bzw. oben/unten 8,9-11,2 cm (3½-4⅜ in) breitem Rand, ergebend ein Blattformat von ca. 50,5-51,5 × 69,2-72 cm (19⅞-20¼ × 27¼-28⅜ in). Unbeschadet klar lesbarer Wasserzeichen wohl nicht die von Ridinger generell bevorzugte WANGEN-Marke der Loth-Dynastie auf der Lottenmühle in Nieder-Wangen an der Argen. Die Nebenmarke indifferent. – Im weißen Papierrand die zwei horizontalen Löchlein der verlagsseitigen Erstheftung.

Eingebettet gewesen aber – siehe die linksseitigen Falzstreifenreste vormaliger Œuvres de Ridinger-Bindung – in ihresgleichen. Bis hin zu

ihr Hell-Dunkel voll ausspielender überragender Druckqualität,

Frische und, eben, plano Zustands!

Individuelle Mängel jeweils bei den nachfolgenden Blatt-Auflistungen mit auch all ihren französischen Fachtermini und deren generell

prägnanter Bild-Text-Unterweisung .

» … und ihre Unterschriften … bring(en) zudem die angenehme Befriedigung,

die gute, von Grund auf entwickelte Informationen zu bereiten vermögen .

Ein Leben voller Jagderfahrungen ,

ein mit denkbar wacher Aufmerksamkeit in vielen Jahren erworbenes Wissen von den Ursachen und Überlegungen, die zu den einzelnen Maßnahmen und Gebräuchen bei der Jagd führen, befähigten den Künstler, alle Arten der Jagd

nicht nur ihrem Vollzug nach ,

sondern vor allem aus ihren Gründen heraus

zu erklären. Das geschieht … in aller Kürze … der knappe Raum unter den Bildern genügt zu intensiven, dabei leicht verständlichen Erläuterungen in gestochener Schrift «

(Stubbe, a. a. O., S. 30).

Die Entstehungszeit der Folge durch Datierungen auf Zeichnungen zwischen 1746 + 1753 und zwei 1756er Platten-Datierungen belegt. Für erstere siehe Thienemann, a. a. O., Seite 274, Mappe I,b; (25 Blatt, vgl. Weigel, Catalog einer Sammlung von Original-Handzeichnungen, Leipzig 1869, Ridinger-Appendix, 448-475). Für letztere und etwaige weitere siehe jeweils unten. Die gegebenenfalls von Weigel zitierten und teils abweichenden Blattitel hier meist unwiederholt bleibend.

Der gängige Titel der Folge wohl auf Thienemann fußend, denn die von ihm diesbezüglich überzeugend beigezogene, gleichwohl ungestochen gebliebene monogrammierte Sepia-Zeichnung Weigel 449

» Ein auf einem Felsenstück sitzender Jäger, den Leithund neben sich an dem Seil, neben ihm ein anderer mit dem Horn zu Pferde und sieben angekoppelte Jagdhunde; dahinter Bäume. Feder, zum Theil nur Umriss. qu(er). f(olio). «

(230 × 370 mm [9 × 14⅝ in]; Wawra 89 nebst Abbildung Seite 5; DJM 5209, dessen Wiedergabe auf einer Einladung zum 28. 10. 1992 im rechten Bildfeld uncomplett) zumindest bildseits unbeschriftet.

» Ein Polyhistor der Jagd

war Ridinger aber nicht nur im Sinne jagdgeschichtlicher Überlieferungen ,

umfassend wie bei der Geschichte der Jagd

will er zugleich bei der Behandlung des Themas Jagd

auch dessen ganze damalige äußere und innere Bedeutung darlegen .

Dies ist von frühauf sein bewußtes Programm :

› Vollkommene und gründliche Vorstellungen …

der Edlen Jagdbarkeit ‹ ,

so beginnt daher der Titel seiner ersten ,

1729 erschienenen Folge von Jagdstichen

( Fürsten-Jagd-Lust , Th. 13-48 ) .

» Zu der Vollkommenheit und Gründlichkeit (jener) Serie gehört nach Meinung ihres Autors vieles. Sie muß die Waffen und Geräte erläutern, wie sie bei der Jagd ›nach eines jeden Thiers Art und Manier erforderlich sind‹, muß deren Gebrauch schildern, und alle diese sachlichen Informationen haben sich auf Angabe wohlerfahrener Jäger zu stützen. Die Stichfolge(n) soll(en) aber auch die Sprache des Waidmanns eindeutig erklären, und es versteht sich, daß jedes Tier und jeder Vorgang genau nach dem Leben zu zeichnen sind.

Es liegt dem Künstler vor allem an dem Nutzen ,

›so sich in specie junge Herrschaften daraus schöpfen‹ ,

Johann Elias Ridinger, Die Vorsuche mit den Leit=Hunden (Ausschnitt)

und um dieser Förderung eines waidgerechten Nachwuchses

gründlich Rechnung zu tragen ,

wird mit den Darstellungen eine möglichst kurze und möglichst klare Beschreibung verbunden , die sich bewußt von den in älteren Büchern so weitläufigen (und daher wohl auch schwer verständlichen) Explikationen unterscheiden «

(Wolf Stubbe, a. a. O., S. 8, Fettsatz nicht im Original).

» … die Einrichtung und Gestaltung der Jagd (aber)

gehörten zu den künstlerischen Aufgaben des 18. Jahrhunderts «

So in einem 1991er Ausstellungskatalog der Hamburger Kunsthalle in Kommentierung eines Ridinger-Exponats.

Die Jagd der Ridingerzeit kunsthistorischerseits also nicht länger gesondert für sich begriffen, gesondert also auch nicht Ridinger selbst als deren bloßen Protagonisten, sondern gesehen als in engstem Kontext stehend mit dem Jahrhundert als Ganzem. Mit aller Herausforderung an die Forschung, die sich hieraus zwangsläufig ergibt. Und auch daraus ergibt, wenn an gleicher Stelle

» das gestochene , radierte und geschabte Werk Ridingers

den großen graphischen Œuvre des 18. Jahrhunderts «

gleichrangig zur Seite gestellt wird. Nämlich, wörtlich:

» Wie Piranesi sich an die antiquarisch interessierten, Hogarth an die bürgerliche Vernunft mit ihren (gleichfalls) durch gestochene Erklärungen ergänzten Werken wandte, hatte Ridinger zweifellos das Interesse der Höfe und der Aristokratie auf seiner Seite. «

Im einzelnen wie folgt:

Johann Elias Ridinger, Die Vorsuche mit den Leithunden

Die Vorsuche mit den Leit=Hunden zur Par Force Jagt!

Der Par Force Jagt 1.ter Theil. / Joh. El. Ridinger del. sculps. et excud. Aug. Vind. – Th. 49. – 10zeil. Text.

Wan(n) es dem Fürsten beliebet Par force zu jagen, so müsse(n) die Piquers und Besuch=Knechte mit den Leit=Hunden den anfang darzu mit dem besuche machen, ist die revier weit entlegen ziehen sie tages zuvor dahin damit sie beÿ anbruch des folgenden Morgen sogleich mit den Leit=hunden auf die vor= / suche kom(m)en, es ziehen derer 6.7. bis 8. darauf aus, und bekomt jeglicher seinen besonderen bogen, weil man zu einer Par force Jagt nicht auf einen Hirschen alleine sondern auf mehrere vorsuchet, die arbeit des Leit=hundes gantz zu beschreiben ist allhier unmöglich ich berühre also nur einiges und verbünde dar= / mit den gewöhnlichen Franzoesischen zuspruch! Wan(n) nun der Piquer oder Besuch=Knecht mit dem Leit=hunde ausziehet, so nimt er nachdem er ihme die nase mit etwas essig gewaschen denselben an die halsung führet ihn an dem hængseil mit der rechte(n), die Docke samt dem bruch in der lincken hand kurtz / rechts vor sich; encouragirt ihne im vorausgehen mit den Worten Va outre; komt er auf die revier seines Vorsuches so soll er dem hund auf die Fæhrte helffen ihne rechts vor sich hin führen u: zusprechen quelque ce foit mon Ami bel ci, bel ci, ferner, ho va dis la dis, fælt, il se rabat der hund eine Fæhrte an, so læsset er / ihme das hengseil schiesse(n) caressirt denselbe(n) als apres apres mon Ami bel ci va va pour les foules siehet zugleich ob er recht habe, hilfft sich an dem hengseil an ihne liebet ihn ab, bringet ihn wider auf die Fæhrte, verbleibet der hund darauf, so læsset er ihme das hængseil 2. bis 3. mal schiesse(n) hælt so dan den hund an siehet ob er / recht habe, spricht ihm wider zu ho voila tu, ho voila tu, stelt sich nu(n) der hund u: zeichnet, wirfft den Kopf in die höhe, u: zeichnet mit der Nase die Fæhrte wider so das er völlig darauf verbleibet, so mus sich der besuch=knecht an dem hængseil hurtig herzu helffen doch das er ihn vo(n) der Fæhrte ja nicht abziehe, vielmehr demselbe(n) wo er recht / hatt schön thue ihme zuspreche ah mon Ami tu dis vray, so dan(n) mit dem bruch abliebe mit der lincke(n) hand unter dem halse greiffe ihne aufrichte denselbe(n) aufnehme abtrage u: zur seite(n) anbinde. Hierauf soll die Fæhrte wohl besehe(n) u: judicirt werde(n) damit man richtig wisse was vor eine(n) jagtbare(n) hirsche(n) ma(n) bestættigt, ist ma(n) versichert das man eine(n) jagt= / bare(n) hirsche(n) auf seinem Vorsuche habe so wird die Fæhrte mit 3. mit dem laube vorwærts gekerte(n) brüche(n) verbroche(n) ein geringer hirsch hatt 2. u: ein stuck wild nur eine(n) mit auf der fæhrte rückwærts gekertem laube, einige arbeite(n) auch auf den ab= und widersprung greiffe(n) vor u: bestættige(n) so enge als möglich, ist die Vorsuche nach eines jegliche(n) / art vollbracht u: die Hirsche bestættigt, so kom(m)en alle die vorgesucht mit ihre(n) Leit=hunde(n) auf den Rendevous damus ein jeder an den Com(m)andeur der par force Jægereÿ rapportire(n) was vor jagdtbare hirsche bestættiget worde(n) dieser thut solches dem Fürste(n) beÿ dessen Ankunfft dan(n) wird erst der Anjagts Hirsch choisirt, u: von dem / Piquer oder besuch=knecht der den choisirten Hirschen in seinem Bogen hatt nochmals vorgesucht wo möglich enger vorgegriffen u: bestættiget, u: bleibet diser besuch=knecht mit dem Leit=hunde beÿ dem bogen erwartet die Ankunfft des Fürsten u: sæmtlicher Jægereÿ die er mit dem Leit=hunde zu fernerem attaquiren anführet.

Weigel 453 (signiert, 1750; Tusche + Bister) + 454 (bloß die Figuren Federumriss, das Uebrige Entwurf in schwarzer Kreide).

Johann Elias Ridinger, Die ganze Meute der Parforce-Hunde

Die gantze Meute derer parforce=Hunde wird auf den Rendevous aufgeführet.

Signatur wie vor. – Th. 50. – 7zeil. Text.

Wann der orth vor die Assemblee oder Rendevous bestim(m)et ist, so wird die gantze Meute derer hunde aus dem Jægerhofe dahin abgeführet; Voraus reutet ein Piquer dessen Pferde der hunde gewohnt ist, disem folgen die meut=hunde zur seiten reuten ein par Jun= / gen die Trompe an sich und die hundspeitsche in der rechten hand führend um die hunde in gehorsam zu halten. Die Piquers sollen die hunde alle ken(n)en und sie mit Nahmen zu nen(n)en wissen, sie mit den worten encourafiren Allez Allez Meute hay hay, die zur= / seite(n) u: hinte(n), Tirez Tirez có có có. hinten schliessen wider einige Jungens nebst einem Piquer ihre Trompen nebst denen harden an sich haben. Sind die hund wohl abgerichtet gehen sie freÿ sonst werden sie paar weise gecouppelt, von Farbe sind sie einige schwartz, theils / braun, weis, die mehresten aber gefleckt, sie sollen so wohl in dem zug als durch die gantze Jagt an das horn, die Stime und glatschen der Peitsche gewöhnet seÿn, wie dan auf eine wohl abgerichte Meute recht vieles ankomt! Sind sie nun auf dem Rendevous angekom= / so schliessen die Jungen einen Creis um die hunde sitzen geschwind ab, und übergeben ihre Pferde denen reitknechten. Hierauf hardieret jeder seine hunde die er vorhero ken(n)en mus in eine harde zusam(m)en es werden aber diejenige hunde zusam(m)en hardiret die / am besten zusam(m)en jagen eine harde ist 2½. Klafter lang sie bestehet aus der Docke, dem Würbel, Riehmen, und brillen, lezteres sind hærine Stricke deren in den Riehmen 4. 6. bis 8. eingeschlungen sind, an disen harden wird die gantze Meute vertheilet, einige / an denselben auf die Relais abgeführet, die andere auf dem rendevous bis zur ankunfft der Herrschafft behalten und dan(n) der Anjagts Hirsch damit attaquiret.

Weigel 459, signiert, 1750.

Johann Elias Ridinger, Die Parforce-Pferde

Die Par Force Pferde werden auf den Rendevous aufgeführet.

Signatur wie vor. – Th. 51. – 8zeil. Text.

Wann der Zug zur par force Iagt angehet Reitet zu erst ein Stall=officier alleine welcher den gantzen zug comandiret! disem folgen einzeln oder par weise die Fürstliche pferde, da ein jeder Reit=Knecht ein oder 2. Engellænder an der hand mit / aufgezogenem Steigrühmen mit oder ohne decken, Englischen sætteln ohne vorder und hinderzeug lauffen hat, disen folgen die Cavallier Pferde, auf dise die Pferde vor die Piquers und sæmtliche par force Iægere viele derselben haben die steiffe stiefel über den sattel oder hinter / demselben, auf dise oder neben beÿ folgen einige Jagt Chaisen da ein Pferd in der Schere gehet so ein neben beÿ reutender Knecht regiert, die Anzahl der Par force Pferde richtet sich nach der Grösse des Fürsten theils auch nach der Stærcke seiner Suite, von disem zuge / werden auch die unterlags Pferde vor die Fürstliche Personen Ambassadeurs den Comendanten Vice Comandeur Cavalliers Piquers besuch Knechte und übrige par force Iægere auf die Relais ausgesetzet, so das beÿ jeder Relais frische Pferde parat stehen und / die ermüdete(n) angenom(m)en werden, mithin sich auf einer par force Iagt 120. 150. öffters 200. auch bis 260. pferde befinden. Dieso auf dem Rendevous verbleiben werden nach ihren parteÿen zusamen gehalten und sollen die reut Knechte dabeÿ verbleiben damit / sie beÿ ankunfft der Herrschafften sogleich im stande seÿn Jeglichem sein Pferd vorzuführen, mittlerweile diejenige so auf die Relais ausgesezt worden mit denen dahin comandirten hunden abgegangen. Den beschlus des zugs machet das so genante Hirsch Wiegelein da ein / Pferd in der Schere gehet und ein Junge fæhret dise Wiege ist ein langer viereckichter Kasten ohne Deckel worin der erlegte Meute Hirsch nach dem orth der Curree abgeführet wird, da zuvor die Flaschen Keller, kalte Küche harden und steiffe stieflen vor / die Herrschafft, auf den Rendevous darin gebracht worden.

Weigel 458, signiert, 1751. – Thienemann zusätzlich: hierauf ein Jäger mit einer Meute Hunde im Walde, kleineres Format, nicht gestochen. – 0,5-1 cm (¼-⅜ in) unsaubere Stelle im oberen linken Plattenrand, die Bildeinfassungslinie unterbrechend.

Johann Elias Ridinger, Das Frühstück

Das Frühe=Stück wird von denen Piquers u: Besuchknechten eingenom(m)en, u: die Harden a 36. bis 40. hunden in ordnung gebracht.

J. E. Ridinger del. sc. et exc. A.V. – Th. 52. – 7zeil. Text.

Nachdem die Par force Pferde samt der Meute der hunde auf dem Rendevous angekom(m)en. So sind die Piquers und besuchknechte mit den leithunden schon von den besuchen da, und nachdeme sie die steiffen stiefel angezogen nehmen sie das Frü= / he=stücke ein, so aus einem kalten brathen brod und bouteille wein bestehet, hierbeÿ geben sie sich untereinander raport was vor hirsche jeglicher bestættigt in welchen bögen sie stehen und welchen sie vor den besten Iagtbarsten Hirschen halten, sie erwarten dan(n) die / ankunfft des Comandeurs raportiren ihme was ein jeder vor Hirsche auf seinem Besuche verbrochen was vor zeichen sie observiret und welches der Anjagts Hirsch Le Cerf de Meute werden dürffte, nach eingenommenem Raport besiehet der Comendant und Vi= / ce Comandeur die Meute ob sie recht hardiret, ob alle nach ihrer ordnung rangiret seÿn, ist nun die Meute starck so werden auch die harden so auf die Relais kom(m)en stærcker, es kan also eine Relais aus 12. 18. 20. bis 25. hunden bestehen meistens werden / 2. harden dahin ordiniret, 6. harden a 36. bis 40. Hunde verbleiben auf der Assemblee und mit disen wird der Hirsch attaquiret dise alle erwarten die Ankunfft des Fürsten, hatt sich Derselbe die erwæhlung des Anjagts Hirschen selbst vorbehalten so / wird mit aussetzung der Relais gewartet alles aber bis zu Dessen Ankunfft parat gehalten. Da indessen einige Iæger Düllhüter und Gatter Knechte auf einem Stern wo die geræumte oder Alleen aufeinander treffen auch einer den anderen sehen ka(n) / stehen bleiben den Hirsch welcher choisiert werden dürffte bestændig zu observiren damit nicht derselbe aus dem bogen heraus ziehe.

Weigel 457, signiert, 1751.

Johann Elias Ridinger, Die Relais werden vom Commandeur ausgesetzt

Die Relais werden von dem Commandeur der Jagt ausgesezt!

Der Par Force Jagt 2ter Theil. / Joh. El. Ridinger del. sculps. et excud. Aug. Vindel. – Th. 53. – 8zeil. Text. – Hier zudem aufliegend als textlose Blechmalerei Georg Adam Eger’s [?] in den Farben Hessen-Darmstadts.

Wan(n) die ankunfft des Comendanten und Vice Comandeur alles in Ordnung die hunde nach Ihren Meuten hardiert und die par force Pferde parat sind, auch der Comandeur ordre hat den besten Jagtbarsten Hirschen vor den Anjagts / Hirsch zu choisiren, so theilet er die unterlagen an Pferden und Hunden auf die Relais aus, es werden aber 3. zuweilen auch 4. Relais ausgesezt. Die erste Relais wird Vieill Maute genant sie bestehet aus jungen dauerhaften Hunden mit / alten meliert, die 2.te Relais wird Second Meute genant, bey diser sind recht gute dauerhaffte Hunde, die 3.te Relais nen(n)t man Six Chien, hierbey sind lauter alte gute Hunde die nicht mehr so hitzig jagen aber doch recht gut sind. Dise 3. Relais / werden also postiret das sie der Hirsch in seinem Wechsel oder Flucht treffen mus, vor eine Relais werden 2. Harden Hunde gerechnet welche in 10. 16. 20. bis 25. Hunden und so viel pferden bestehen als Persohnen mit reuthen, sæmtliche Relais halten unter ei= / nem Baum die Pferde zusammengezogen und zur seiten die Hunde wo möglich verdeckt; zuweilen wird auch die 4.te Relais Volant ausgesezt, alle dise Relais müssen wohl atendiren wie die Jagt gehet, ob sie sich Ihnen nahe oder entferne, ist das erstere so sollen sie / sich zu auswechslung der Pferde und abkuplung der Hunde parat halten gehet aber die Jagt denen Relais contrair so werden sie nachgeholet, müssen auch von selbst wo sie es vernehmen hurtig folgen, trifft aber der Anjagts Hirsch die Relais so wird ei= / ne nach der anderen angebracht, so das ausser den ermüdeten und zurückgeblibenen Hunden der Hirsch mit der gantzen Meute forcirt wird. Es wird aber der Hirsch in dem Bogen darin er stehet so attaquiret, das er die Ihme rechts und / lincks ausgesezte Relais deren immer eine vor der anderen weiter hinaus postiert ist treffen kan.

Weigel 460, signiert, 1751.

Johann Elias Ridinger, Die Ankunft des Fürsten

Die Ankunfft des Fürsten auf dem Rendevous.

Joh. El. Ridinger del. sculps. et excud. Aug. Vind. – Th. 54. – 6zeil. Text.

Der » prachtvolle Stich «

(Rudolf Wackernagel, Marstallmuseum München) mit dem »nach 1725/30 unmodern« gewordenen herrlich dominanten 6-spännigen »Wurst-Wagen« (8 × 35 cm [3⅛ × 13¾ in]), den Ridinger nach hiesiger Einschätzung während seiner Regensburger Jahre bei Baron/Graf Metternich (etwa 1717/19) kennengelernt haben könnte. Des weiteren ein geschlossener bzw. offener Wagen im Mittelgrund seitlich links bzw. rechts.

Wan(n) die Relais auf ihre Stationen abgegangen, so wird auf dem Rendevous alles an pferden und hunden parat gehalten und die Ankunfft des Fürsten erwartet, dise wird von einem voraus in vollem Courier jagenden Klepperjungen oder Pagen mit schnal= / zung der par force peitsche gemeldet, so gleich setzen sich die Piquers und alle par force Jæger zu Pferde, die Meute wird nach ihren Harden herbeÿ geführet und in ordnung gebracht, und so die ankunfft des Fürsten nebst der gantzen Suite erwartet, dise geschi= / het beÿ gutem wetter auf einem Jagtwagen, da der Fürtst selbst oder ein Cavallier die Ehre hat zu gutschiren, die übrige Cavalliers folgen in bedeckten Wagens oder leichten Chaisen, so bald die Ankunfft geschehen wird der Fürst von dem Ober und Vice Co= / mandeur der Jagt complimentiret und raport gegeben was vor hirsche bestættigt worden in welchem bogen der Anjagts Hirsch stehe, was vorbesondere Zeichen in der Fæhrte, der Farbe, dem Gehörne, Grösse, etc. zu mercken, wohin die relais postieret wor= / den, indessen werden die steiffen stiefel angezogen die par force Pferde herbeÿ geführet und zum aufsitzen parat gehalten; Ist es dem Fürsten beliebig so wird auf dem Rendevous ein Frühestück eingenom(m)en, ist es aber schon zu hause geschehen, so setzet man / sich gleich in den Zug, auf den bogen den Anjagts Hirschen le Cerf de Meute zu attaquiren.

Siehe die doppelblattgroße Abbildung 8 in Ridinger-Katalog Augsburg, 1967, Pos. 42. – Keine Vorzeichnung bei Weigel, bei Thienemann nur jene ganz verschieden vom Stich. – Vorzeichnung des Wurstwagens Marstall-Museum München, Inv. 1695, zuvor Nebehay 88, Nr. 26 nebst Abbildung. Für den Abtransport des Wildes siehe den konstruktionsähnlichen Wagen der 1729er Fürsten-Lust (Th. 23).

Johann Elias Ridinger, Der Zug nach dem Bogen

Der Zug nach dem Bogen auf den Anjagts Hirschen!

Signatur wie vor. – Th. 55. – 9zeil. Text.

Wan(n) man sich in den Zug zu attaquiren gesetzet so ziehet ein Lancier Knecht mit dem Lancier Hunde welches ein leith= oder alter par force Hund seÿn kan an den Hengseil voraus, auf den Bogen die Brüche und Fæhrte des bestettigten / Hirschen, der Comandeur und ein paar Piquers neben zur Seiten, so balde sie zu dem ersten Bruch kom(m)en steigen sie ab und betrachten die Fæhrte nach allen ihren besonderen Zeichen Hatt der Fürst selbst Lust die Fæhrte zu besehen so wird / halte gemacht, wo nicht so læsset er sich raport geben, es wird dises bis zum 3.ten Bruch continuiret. Vornehmlich sollen die Comandeurs und Piquers sich die Fæhrte wohl imprimiren weil in der gantzen Jagt alles darauf ankom(m)t das man den / Anjagts Hirsch gewiß daraus kenne. Nach disem folgen die Junge(n) Valets de Chiens mit ihren harden, der erste führet die Favorit Hunde 4. bis 6. dises sind recht gute rasche Hunde auf die man sich in sicherer haltung der Fæhrte Courage laut / und dauer verlassen kan, diesem folgen die andere mit ihren Harden 5. a6. je nachdem die Meute starck ist, nach den hunden folgen noch einige Piquers und Besuchknechte mit ihren Trompen an sich führend, so dan(n) der Fürst, die Printzen, / Ambassadeurs, Cavalliers und mit disen die Fürstin en Compagnie einer Hof=Dame in einer Chaise volante hinter denen noch einige Cavalliers, die reutknechte und endlich das so genante Hirsch=Wiegelein worin der erlegte Hirsch auf / den ort der Curré abgeführet wird, in diser Ordnung gehet es bis zu dem bogen. Wære es aber das die Fæhrte dem Hunde schon zu kalt geworden das er sie nicht aufnehmen könte, so reuten der Comandeur, Piquers auch Cavalliers / durch den bogen und machen den hirsch rege, der Fürst mit der übrigen Suite hælt nebst den hunden auf dem geræumte das ist einer alleé bis der Anjagts Hirsch vor Demselben losbricht da man dan(n) zu fernerem attaquiren kom(m)en kan, dises heisset on attaque / le Cerf.

Weigel 469 (Tusche/Bister). – Schwaches kleines Eselsohr unten rechts.

Johann Elias Ridinger, Der Anjagtshirsch wird mit dem Lancierhund gesprengt

Der Anjagts Hirsch wird mit dem Lancier Hunde gesprengt!

Joh. El. Ridinger del. Sculps. et excud. Aug. Vind. – Th. 56. – 8zeil. Text.

Doppelblattgroße Abbildung Solms-Laubach, a. a. O., Seiten 118/119:

» … gibt eines der großen Blätter seiner Hirschhatzfolge wieder ,

eine Radierung , die zu seinen besten Arbeiten gehört . «

Dises geschihet mit einem Leith oder alten guten par force Hund beÿde werden an dem hengseil auf die brüche und von denen weiters auf die Fæhrte gebracht, hat der Hund dieselbe richtig aufgenom(m)en spricht er dem hund zu liebet ihn ab und læsset / solchen wider anfallen henget auf der Fæhrte nach biß an den Hirschen und lanciret das ist sprenget ihne, dan(n) heist es laissa courre; an einigen orten hat man 3. biß 4. besondere lancier Hunde welche man beÿ den brüchen freÿ auf die Fæhrte anbrin= / get die man aber so bald der hirsch lancirt ist stopffet; Bedient man sich der ersten Art so löset man die erste harde welches die Favorit hunde seÿn als die die Fæhrte am richtigsten aufnehmen der Comandeur und die Piquers sollen denselben zur seite fol= / und vorjagen damit sie den Anjagts Hirschen en vüe das ist zu gesichte bekom(m)en um Denselben an dem Gehörne der Farbe und dem Gewæchse aus andern zu erken(n)en fals er Change machte sich verlohren oder nidergethan oder unter andere / Hirsche gekom(m)en wære, der erste der ihne zu gesichte bekomt solle ihn mit vollem halse und mit den worten Tayo! Tayo anschreÿen und eine fanvara blasen, es sollen aber nicht mehr als ein oder zweÿ so die æchsten am Hirschen seÿn blasen damit / alle andere so viel besser vernehmen wohin er sich wende, ist der hirsch gesprengt la lancer und gehet flüchtig il va fugant die Piquers haben Ihne auch aufgenom(m)en zu so ziehet der Lancier Knecht seinen hund an dem hengseil ab und nach Hause, hie= / auf attaquiren die Piquers und wird die gantze Meute auf die Fæhrte angebracht da fængt sich die Jagd recht an und wird unter behörigem blasen der erforderlichen thone und zuruffen der hunde und ihrem laut continuiret, die Worte womit die Hunde en= / couragiert werden sind folgende: Doch! Doch! ca vaut, ca vaut mes’ beaux. S’eu va Chiens il va la Chiens outre vous mes Chiens &.

Stubbe, a. a. O., Tafel 7. – Weigel 455 (Tusche/Bister, signiert, 1752) + Variante 456 (Tusche, weiß gehöht, auf grauem Grund; signiert, 1746). – 1750er zeichnerische weitere Variante samt dem noch abweichend getitelten autographen Untertext Schwerdt III, 216, f/2. – Die von Thienemann geführten zwei nicht näher zuordbar. – Kleines Eselsohr unten rechts säurefrei verstärkt.

Johann Elias Ridinger, Der Hirsch wird von dem Piquer aufgenommen

Der Hirsch wird von dem Piquer aufgenom(m)en die gantze Meute bey denen brüchen auf die fæhrte gebracht u: nach ihren Harden gelöset.

Der Par Force Jagdt 3.ter Theil. / J. E. Ridinger del. sc. et exc. A. V. – Th. 57. – 7zeil. Text.

Wan(n) der Anjagts Hirsch Le Cerf de meute lancieret worden so wird er von denen piquers aufgenom(m)en und forcieret da zugleich die gantze Meute der Hunde nach ihren Harden bey denen brüchen auf die fæhrte gebracht und gelöset werden zu erst die / harde welche den nahmen vieille meute oder viex Chiens führet, und nach diser die übrigen, es bestehet aber dise harde aus denen favorit oder besten abgerichteten hunden welche die fæhrte vor anderen gut aufnehmen und halten zu dem ende wird ihnen auch / etwas voraus gelassen es folgen aber alle andere harden disen so gleich nach, unter dem zuspruche, doch! doch! ca vaut, ca vaut, mes’beaux, und wan(n) sie die fæhrte gut aufgenommen mit fernerem zuruff, Volez! ha tu dis fray mes amis, apres mon Ami; Der / Fürst die Cavalliers und sæmtliche Jägereÿ hælt noch hinter den hunden bis dise mit dem hirsche voraus dan(n) folgen sie zur seiten nach um die fæhrte zu menagiren im fall der hirsch retour machte, da inzwischen die piquers dem hirschen am næchsten, / so geben sie durch blasen allen übrigen zu verstehen wie die Jagt gehet, ob der Hirsch weit voraus, und die hunde ihn im(m)er wider ausmachen, Le Chiens reproche le Cerf, ob er retour gemacht, ob er gar verlohren und wider vorgegriffen werden mus, ob er / unter ander wild gekom(m)en, Le Cerf de meute est harde, sich in einen Dickicht gestecket, in eine sulache sich begeben, ob es noch der rechte Anjagts hirsch seÿe, und nicht einen anderen vor sich aufgetriben, ob die hunde die rechte fæhrte hal= / ten, sie überschossen oder Change haben alles dises mus der piquer durch besondere thone und blasen der fanvaren anzeigen, da sich dan(n) alles darnach zu richten hat.

Weigel 461 (Bister). – Siehe hierzu auch unten bezgl. Franz Marc’s Schloß Ried. – Minimalst-Einriß unten mittig säurefrei hinterlegt.

Johann Elias Ridinger, Die Jagd geht gut

Die Jagt gehet gut die Hunde haben den Hirsch en vüé und jagen aus volle(m) halse.

Joh. El. Ridinger del. fec. et exc. Aug. Vind. – Th. 58. – 8zeil. Text.

Wan(n) der Hirsch auf ein neues ausgemacht oder relanciret worden auch die ganze meute die fæhrte richtig wider aufgenom(m)en læst man sie eine weile fort jagen stoppet alsdan(n) die Hunde wider, und siehet nach ob man auf der fæhrte des Anjagts hirsches gewis / versichert ist, dieser wird dan(n) weil er flüchtig Le Cerf vy fujant genen(n)et, ist es sicher so wird unter bestændigem blasen und zuspruch der hunde ferner forciret, es ist ein vergnügen zu sehen und zu hören wan(n) die hunde mit vollem halse jagen die piquers ihnen zur / seiten und sæmtliche Jægerey folgen kan. Es ist aber vielmahls mit vieler Ænderung, dan(n) ehe man es meinet ist der hirsch wan(n) er listig ist wider verlohren wan(n) zumal die Jagt nicht viel im freÿen trifft, dan(n) da macht er retouren, absprünge, steckt sich in / ein dickigt, retiriert sich unter ander wild und versucht viel anderes mehr, da er aber allemahl wider wider ausgemacht werden mus, hierbeÿ ist alles anzuwenden das ihme nicht zeit gelassen werde wodurch er sonst zu athem kom(m)t und lange dauret, ja endlich / gar ein fehl jagen machen kan. Trifft man auf die Relais so werden die hunde in etwas arretiert und die von der relais mit darzu genom(m)en, dan(n) gehet es schon etwas schærffer weil die frischen hunde dem hirsche mehr auf dem halse sind, daher müsen / die relais wohl attendiren wie die jagt gehet und wohin der hirsch den Kopf gewendet damit sie jedoch in aller stille folgen und parat seÿen auch frische pferde in aller geschwindigkeit auszuwechslen bleibet endlich die jagt an dem hirschen bestændig welches / zumal erfolget wan(n) er anfængt zu ermüden so bekom(m)en die hunde offt en vüé werden auch von denen piquers encouragiret und zugeruffen, Bellement Bellement: hiernæchst auch en vüé geblasen, ist der Fürst noch nicht zugegen und die hunde würden(n) / dem hirsch zu scharff so werden sie in etwas zurücke gehalten, jedoch verbleibet die jagt an dem Hirschen bis er sich stellet wovon das folgende Blatt mehrers zeiget.

Weigel 464 (Bister).

Johann Elias Ridinger, Der Hirsch ist verloren

Der Hirsch ist verlohren die Hunde haben Change und werden gestopfft oder arretiert.

Signatur wie vor. – Th. 59. – 9zeil. Text.

» Der Hirsch hat durch List die allzueifrigen Hunde von der Spur abzubringen gesucht und sich in Walddickicht verborgen … Da werden sie denn durch Horn und Peitsche zum Stillstand gebracht, bis man den Hirsch, oder doch seine Fährte, wieder gefunden hat « (Th.).

Wan(n) der Hirsch forciret oder lancieret worden, so gehet er flüchtig, wodurch er sich sehr erhizet, und wan(n) er starck und feist ist bald müde wird, von ersterem sagt man le Cerf est echauffe von lezterem il va la tete basse, dan(n) fængt er an sich mit vielerleÿ List und / Ræncken zu behelfen um die hunde auf der fæhrte zu confundiren um sich von ihnen loszureissen, da mus dan(n) alle Kunst und mühe auf der rechten fæhrte zu folgen angewand werden, wan(n) er dan(n) alle vortheile deren ich auf vorigem blatt gedacht und deren noch / mehrere versuchet, so geschihet es öffters das die hunde die fæhrte überschiesen und gar verliehren, welches daran zu erken(n)en wan(n) sie hin und wider lauffen und keinen laut mehr geben, auch da der Anjagts Hirsch Le Cerf de Meute unter ander wild gekom(m)en u: es auf= / getrieben so rumpiert sich die gantze Meute, so das ein theil da, der andere dort hinaus gehet, und kan geschehen das sie wohl auf 2. bis 3. orten jagen, da heist es dan(n) die hunde haben Change, dan(n) mus reuteh, wer nur reuthen kan, damit die hunde eingeholet und vo(n) / der Change abgebracht werden. Dises geschihet durch schnalzen der par force peitsche, blasen und zuruffen formès vos Chiens, arrêtés arrêtés, und wo sie schon an anderem wild jagen, Ha Haj deriere Horvarÿ und anderes mehr; hierdurch werden sie / nicht allein abgehalten sondern auch von allen seiten zusamen gebracht, es ist aber dises eine saure arbeit, zur nachricht der folgenden Jægereÿ wird Horvorÿ geblasen auch denen hunden nach im(m)er zugeruffen, ablalex ablalex mes beaux Ca faux anbey aber Hal= / te gemacht, wan(n) dan(n) alles wider beisamen, müsen die piquers auch von den pferden um die fæhrte zu judiciren, und nachdem man vorgegriffen und wider auf die rechte fæhrte gekom(m)en an dem orte da sich der hirsch verlohren, so werden 4. a 6. der alten und besten hunde / aus der meute genom(m)en und die rechte fæhrte mit ihnen ausgemacht, und der hirsch relanciret, den übrigen hunden unter bestændigem zuspruch auf die rechte fæhrte geholffen auch dabeÿ zeit gelassen, bis man versichert ist das sie solche / richtig aufgenom(m)en, dan(n) kan erst aufs neue ferner forciret werden.

Weigel 467 (Bister).

Johann Elias Ridinger, Der Hirsch stellt sich

Der Hirsch stellt sich , und kæmpfft die Hunde ab!

Joh. El. Ridinger del. fec. et excud. Aug. Vind. – Th. 60. – 8zeil. Text.

» Th 60 ! / Nach 10 Jahren Suche . «

» … Wie vielartig bewegt die Gruppen … wie geschickt hier die Abriegelung des Vordergrundes durch die sehr verschieden dunklen Krautdreiecke …

Vor allem aber die rokokoheitere Lichtdurchschimmerung

der ganzen weiten Szene …

Es gehört sehr viel künstlerische Intelligenz dazu, diese ebenso zarte wie belebende Lichtwirkung zu erreichen. Mit ihr, wenn er es zu handhaben weiß, besitzt der Kupferstecher ein entscheidendes Mittel

für einen der wesentlichsten Effekte ,

den die Kupferstichkunst überhaupt erreichen kann «

( Stubbe, a. a. O., Seiten 15 f. nebst Tafel 8 ) .

Nachdeme die Jagt an dem Hirschen bestændig verbleibet und ihme die par force Hunde scharff auf der fæhrte folgen, so wendet er alle kræfften an wan(n) er auf das freÿe forciret worden sich durch die flucht von ihnen loszureissen, da er aber durch einen starcke(n) lauff / sehr erhizet, so mus er endlich ermüden, und dan(n) stellet er sich vor den hunden. Kan er eine anhöhe, baum, gebüsche, hecke, oder Schrancken zu seinem vortheil ein(n)ehmen, so begibt er sich mit der Bluhme oder Sturtz daran, den Kopff zu boden und das Geweÿ= / he denen anfallenden Hunden vorhaltend, da gilt es manch braven hund das er gespisset oder mit denen Vorderlæufften geschnellet wird, und wo er noch vermögen hatt, fæhret er vor Zorn unter sie hinein und schlæget sie mit dem Gehörne von beÿden seiten zu / boden thut auch wohl einen satz über sie weg und wird wider flüchtig da ihme aber die meute nach und nach zu starck und im(m)er auf dem leibe ist so stellet er sich bald wider, dises kan ein starcker hirsch etlichmahl thun, und hatt man sich wohl vor= / zusehen da mancher hirsch im Zorn wan(n) er nicht flüchtig werden kan auf alles losgehet, ist er noch bey Kræfften, und der Fürst nicht zur stelle, so werden die hunde von denen piquers durch die par force peitsche und den zuruff abgehalten, da stehen sie dann / mit vollem Laut um ihne her und erwarten das zeichen zum anfallen, inzwischen blæset der piquer so darbey ist oder auch andere den Fürsten ruff, da aber diese Herren meist selbst die ersten hinter oder bey denen Piquers sind so dependiret alles von deren or= / dre, zuweilen geschihet es, das ein Hirsch vor hitze und mattigkeit stürzt oder sich gar nider thut, da mus dan(n) einer von denen piquers vom pferde dem Hirsch mit einem fus auf die Stange tretten die andere mit den hænden ergreifen, damit / er das Gehörne nicht mehr brauchen, andere die hunde zurücke halten u: der Fürst zum abfangen kom(m)en kan.

Variante Weigel 468 (Tusche, weiß gehöht, auf grauem Grund; signiert, 1746); identisch mit Schwerdt III, 216, f/1 (Der Hirsch stellt sich zur Wehre …). – Die von Thienemann geführten zwei nicht näher zuordbar.

Johann Elias Ridinger, Der Hirsch stellt sich im Wasser

Der Hirsch stellt sich im Wasser die Hunde werden gestopfft u: ihme der Fang gegeben.

Der Par force Jagt 4.ter und lezter Theil. – Joh. El. Ridinger del. Sc. et excud. Aug. Vind. – Th. 61. – 6zeil. Text. – Hier zudem aufliegend als textlose Blechmalerei Georg Adam Eger’s [?] in den Farben Hessen-Darmstadts.

Wann die Hunde dem Hirsch sehr scharff und im(m)er an Ihme sind, welches geschihet wan(n) er anfængt müde zu werden da er den Kopf weit voraus trägt die Zunge aus hænget und durch plörren seinen zorn zu erken(n)en gibt, er suchet wo möglich von den Hunden / sich los zu machen Komt er nun an einen Strohm so setzet er nach allen Kræfften hindurch erreicht er aber einen See oder ander stehendes wasser so begibt er sich hinein und wan(n) er grund hat so werden die Hunde gestopfft mit dem Zuspruch, bas l’eau mes Chiens. / Es wird ihme dan(n) zu seiner erholung zeit gelassen auch die gantze meute der Hunde zurücke gehalten, hat er sich nun etwas erfrischet so werden verschidene Versuche gemacht ihne heraus zu treiben welches sehr offte nicht gelingen will indeme er sich wider alle seine / Verfolger mit allen Kræfften setzet, so dan(n) müssen einige von der Jægereÿ sogenente Jungen von denen pferden herab ihre steiffe Stifel von sich werffen ihre Ober-Kleider ablegen ihren Cou-Teau de Chasse an eine am ufer abgehauene Stange fest anbinden sich / damit ins Wasser begeben und dem Hirschen den Fang darmit anzubringen suchen, stellt sich aber der Hirsch wie es öffters geschihet sehr starck zur wehre so werden ein oder 2. harden hunde öffters auch wohl die gantze meute unter bestændigem blasen und zu= / ruf des ha la lit; ha la lit; angebracht; gelingt es aber den Hirsch aus dem Wasser zu forciren so dauret die jagt doch nur kurze zeit weil der Hirsch durch die gar zu starcke erkæltung steiff und nicht lange mehr flüchtig dauren kan.

Weigel 462 und mit Veränderungen 463 (Federumriß; signiert, 1746). – Die von Thienemann geführten zwei nicht näher zuordbar.

Johann Elias Ridinger, Der Hirsch wird von den Parforce-Hunden angefallen

Der Hirsch wird von denen Parforce Hunden angefallen und ihme der Fang gegeben.

J. E. Ridinger inv. Sculps. et excudit Aug. Vind. 1756. – Th. 62. – 9zeil. Text.

» Der Künstler denkt sich den Fall, dass der Hirsch aus dem Wasser wieder entflohen, oder gar nicht ins Wasser gegangen ist, weil keins vorhanden war … « (Th.).

Es seÿe nun das nach Vorhergehender Vorstellung der parforce Hirsch an Wasser gekom(m)en auch wider heraus forciret worden oder das er an keines auf seiner Flucht getroffen, so bleiben id piquers mit denen par force Hunden im(m)er mehrers an ih= / me Hierdurch wird er endlich so ermüdet das er der retouren absprünge ja aller anderen Vortheile vergisset, es geschiehet auch zu weilen das er gar sturzet und sich ergeben mus stellt er sich aber noch, und die meute ist allzuscharff hinter ihme, auch / der Fürst beÿ denen piquers zu gegen so werden dan(n) die Hunde mit dem zuruff Bellemeut, Bellemeut, zum anfallen und niderziehen ils Le Porteut par terre, encouragiret, die piquers blasen a la mort der Fürst steiget vom Pferden und ist / bemühet mit dem Cou-teau de Chasse dem Hirschen den Fang hinter dem vorderen Bug beÿ der 2ten oder 3ten Rippen anzubringen. Ist der Hirsch nach abhauung einer oder beÿder hessen nach sehr böse u. wehret sich starck / mit dem Gehörne so siehet der piquer welcher ihne gehesset wie er dem Hirsch mit einem Fus auf eine Stange trette und ergreifft zu gleich mit beÿden Hænden die andre hierdurch wird die hohe Person des Fürsten verwahret und / manch braver Hund vor dem Spissen gerettet. Wan(n) nun der Hirsch verendet so werden die Hunde abgenom(m)en sie alle zu der meute gesamlet und beÿ Seits gebracht. Ist der Hirsch starck von Leibe und die jagt ist bestændig an ih= / me geblieben ist auch nicht offte verlohren worden so dauret er selten über eine Stunde, ist er aber ring von Leibe darbeÿ auch sehr arglistig das er öffters zu Athem kommen kan so dauret sie 6. 7. bis 8. Stunden sonst aber selten / über 2. ist nun der Hirsch erlegt so wird der rechte fordere Lauf über dem unteren Gelencke abgelöset und dem Fürsten als ein Zeichen der Ehre und einer vergnügten und glücklichen jagt presentiret, sind mehr hohe Personen / zu gegen so werden auch die übrige Läuffe abgelöset und unter sie vertheilet, und so hat die Jagt bis auf das Curel ihr Ende.

Weigel 470.

Johann Elias Ridinger, Dem Hirschen werden die Hessen abgehauen

Dem Hirschen werden die Hessen abgehauen oder die jarrets coupiret.

Joh. El. Ridinger del. Sculps. et excud. Aug. Vind. – Th. 63. – 6zeil. Text.

Wird ein Hirsch so lange forciret das er anfangt zu ermüden und wie in vorhergehendem gedacht den Kopf weit voraus strecket so sagt man il va l téte basse ist er zugleich sehr erhitzet so heist es |le Cerf est eschauffeé| beydes sind zeichen das er nicht lange mehr / aushalten kan es wird also von den piquers und übrigen Jægereÿ die næchsten am Hirschen sind, im fall der Principal der Jagt etwas zurücke wære der Fürsten-Ruff geblasen, seind indessen die Hunde dem Hirschen nachdeme er sich gestellet gar zu scharff, / oder der Hirsch is so böse das er manchen braven hund noch spiesset so werden sie so viel möglich abgehalten wan(n) zumahlen der Hirsch nim(m)er fort will sondern sich mit grossem Zorn zur wehre setzet, so mus dan(n) einer von denen piquers vom pferde, und nach / möglichkeit trachten dem Hirschen die Hessen abzuhauen, es ist dises die starcke Nerve in dem oberen gelencke des hinderen Laufs, und davon sagt man Couper les jarrets wan dises geschehen mus sich der Hirsch hinten nidersetzen wan(n) es zumahl an beyden Læufften / geschihet, da er dan(n) denen hunden nicht so viel schaden thun kan, es wird ihnen sodan(n) auch das zeichen zum anfallen und niderziehen gegeben, der beste fang derer Hunde ist an denen Luchseren, Ohren, an der Schnautze u: Drossel. Es / mus aber auch darauf gesehen werden das vor allem die Favorit hunde und einige junge hunde beÿ dem Fang angebracht werden.

Weigel 465 und Veränderungen 466 (Federumriß; signiert, 1746). – Am/im Bild-/Plattenrand oben rechts druckerfleckige 3 cm (1⅛ in).

Johann Elias Ridinger, Das Cureé

Das Cureé.

J. E. Ridinger inv. Sculpsit et excudit Aug. Vindel. 1756. – Th. 64. – 12zeil. Text.

So bald der Hirsch erlegt, die Lauffe abgelöset, und der Herrschafft presentiret worden, so werden zugleich die parforce Hunde abgeruffen und auf einer Seite zusammen gehalten ist es dem Fürsten beliebig so gleich im Walde Curee zu halten so wird der / Hirsch auf der Stelle aufgebrochen und zerwürkt, solle es aber beÿ einem Jagt oder Lust=Schlosse geschehen so wird er in der so genanten Hirsch=Wiege |: ist ein klein Wægelein :| auf den Orth abgeführet dahin auch die meute der Hunde / von einem Piquers und denen Jungen gebracht und beÿsam(m)en gehalten wird, Indessen wird von den parforce Jægeren der Herrschafft allen Cavalliers ein Bruch von Eichen=Laub um solchen an den Huth zu stecken presentiret welchen auch die sæmt= / liche Jægereÿ führet. Kom(m)t mann nun auf den bestimten Orth, oder wird gleich im Walde Cureé gehalten, so wird der Hirsch aufgebrochen das Gescheide heraus genommen die haut doch das der Kopff samt dem Gehörne noch daran bleibe abgezogen, / und nach dem die theile vor die Hof=Küche die Piquers, den besuch Knecht, den Leithhund &. beÿseits gethan das übrige in gantz kleine Stücke zerwürckt und die Haut wider darüber geschlagen, bis es dem Fürsten gefällt das Cureé solle gehalten / werden, so dan(n) rangiret sich derselbe mit denen Dames und sæmtlicher Jægereÿ in einem Creis um den zerwürckten Hirschen jeglicher eine Trompe an sich, sodan(n) kom(m)t ein piquer ergreiffet den Kopff des Hirschen an den Stangen setzet sich damit eine kleine Zeit / gegen denen parforce Hunden nach dem ihnen vorhero das Zeichen durch blasen erstl. des ordinairen fangs, alerleÿ fanfaren, und zuruffen Ha la lÿ Ha la lÿ gegeben worden. Dem Fürsten werden von einem jagt pagen in einem Huthe einige Stücke beson= / ders zur Seiten gehalten welche derselbe seinen favorit hund zu wirfft um sie dadurch vor anderen an sich zu gewöhnen, es dauret so lange nicht so ist der Hirsch auf gezehret und so lange wird mit blasen angehalten, öffters werden die Hunde / beÿm anfallen zurücke gehalten und dabeÿ geruffen Hou bellemeut mes beaux bellemeut, beÿ dem fressen also Caressieret. Hou cessez, cessez, mes chiens, es mus aber auch darauf gesehen werden das die stærckere Hunde nicht die / jungen reissen und würgen, wan(n) dann alles auf gezehret ist, so kommt noch ein Junge der auf einem höltzernen Gabel=Stock das Gescheide des Hirschen in der höhe træget, damit gehet er um die Hunde herum ruffet ihnen zu Ha / la ly ... und führet sie vom platz ab sodann kriegen sie auch dieses und werden gecouppelt oder an harden in ihren Zwinger abgeführt, sæmtliche Jægereÿ aber solle zu ihrer erholung ein guth Tractament erhalten. nach deme sich hiermit die par / force Jagt und auch dieselbe in ihrer Vorstellung völlig geendet.

Weigel 471 und mit Veränderungen 472 (Federumriß; signiert). – Zwei unwesentliche Quetschspuren im mittigen weißen Oberrand außerhalb des Plattenrandes. Dito vorsorglich säurefrei verstärkte diagonale 4 cm (1⅝ in) Spur am unteren Außenrand.

Somit

der vollständige Verlauf einer klassischen Parforce-Jagd ,

deren Erfinder lt. Döbel der Heilige Hubertus »seyn soll« und,

» zu den gesuchtesten Werken unseres Meisters «

(gehörend,) … nach abgeschaffter Parforcejagd sogar einen historischen Werth erhalten hat« (Th.). Und Gaston III/Phebus galt letztere schlicht als die edelste und aufregendste Art der Jagd. So in seinem 1387/89 für Philipp den Kühnen verfaßten, im Original heute verschollenen Le Livre de Chasse, beeindruckende Naturgeschichte und schönstes Jagdbuch des Abendlandes in einem.

» Im Grunde wird (bei der Parforcejagd) eine alte Jagdform wieder aufgegriffen, wie sie schon in der Antike und während des Mittelalters vor der Existenz der Schußwaffen (siehe hierzu unten bezgl. Franz Marc’s Schloß Ried) ausgeübt wurde, nämlich die Hetze des Hirschs zu Pferd und nur mit Hilfe einer starken Hundemeute. Die Waffe bekommt auch bei der Parforcejagd erst im letzten Akt der Jagd Bedeutung, wenn das erschöpfte, von den Hunden gestellte Tier erlegt wird. Während aber bei der alten Hetzjagd die Hunde nur mit dem Gesicht jagten und aufgaben, sobald sie das Wild aus den Augen verloren, müssen die Parforcehunde auch der Fährte des angejagten Tieres folgen können … In der schnellen Verfolgung des Hirschs durch die Meute und die berittenen Jäger, in seiner Unterscheidung vom übrigen Wild und im Wiederfinden der verlorenen Spur lagen Reiz und Bedeutung dieser Jagd … Die Parforcejagd forderte vorzügliche Jäger …, die auf der Höhe der jagdlichen Ausbildung ihrer Zeit sein, die Jagd und ‚gerechten Zeichen‘ des Hirschs kennen, ihr Pferd beherrschen, mit den Hunden arbeiten und das Jagdhorn blasen können mußten … Zugleich brachte die Pflege der Parforcejagd an den Fürstenhöfen eine Steigerung der Hubertusverehrung mit sich «

(Gisela Siebert, Kranichstein, 1969, SS. 55 f. + 64). — Dies alles

geradezu modern , nämlich reich im Bild , präzis-knapp im Wort ,

dargeboten zu haben, folgt dem generell ausgeprägten didaktischen Wollen Ridinger’s, über alle »Wandtüchtigkeit« (Stubbe) seiner Arbeiten hinaus,

die Quintessenz jagdlicher Lehrbücher

und zoologischer Besonderheiten

zu vermitteln. Womit er zugleich eingebettet war in die allgemein erwachenden Bestrebungen seiner Zeit, »Wissen zu sammeln und systematisch zu ordnen, dem (1753) auch das British Museum entsprang« (Gina Thomas, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. 6. 2003).

Aber schon Hubert Goltzius (1558-1617) sann für seine Laokoon-Gruppe

» auf eine Bilderfolge mit didaktischem Impetus. Deshalb prangen auf den drei Kupferstichen Bildunterschriften des Leidener Poeten Theodorus Schrevelius, deshalb die Unterweisung des Betrachters in den Titel und den exakten Standort des jeweiligen Kunstwerks «

(Christiane J. Hessler in der FAZ vom 2. 1. 2002; Sperrung nicht im Original).

Diesen nützlichen Zweck seinem künstlerischen Anliegen nahtlos unterzumischen, ist denn auch die unversiegende Quelle des Ridinger’schen Erfolges quer durch die Jahrhunderte, ein wesentlicher Aktivposten seiner Einzigartigkeit. Und so ist denn seine thematisch großartige Parforce-Folge, wie zitatmäßig schon angeklungen,

ein gleichermaßen künstlerisches Ereignis , ein Triumph der reifen Jahre ,

so bemerkenswert perfekt auch sein Stil sich schon in der Frühzeit darbot. Denn

» Natürlichkeit und Lebendigkeit, die von den Zeitgenossen an Ridingers Stichen besonders gerühmt werden, beruhen auf vielen Faktoren, über die der Künstler – wie bei dem der Lichtbehandlung – sich im Laufe seiner Entwicklung überhaupt erst klar wurde, oder die er erst in seiner Reifezeit voll auszubilden verstand. Gleich wichtig wie der Einsatz von Lichtwirkungen ist für die Belebtheit des Aspektes die Komposition der Darstellung, denn wäre er lediglich auf Lineares angewiesen, auf Konturenzüge und die Verläufe von Binnenlinien, so würde der Kupferstich schwerlich zu augenfälliger Wirkung kommen. Gerade die Einbeziehung des Lichtes in die Struktur des Gesamtaufbaues, die damit in Form von hellen und dunklen Gründen die Anordnung der Komposition nachdrücklich visibel macht, verleiht im Zusammenspiel mit den linearen Bewegungen erst einer graphischen Komposition ihre dynamischen Kräfte «

(Stubbe, a. a. O., S. 16, in u. a. Gegenüberstellung so thematischer Parallelen wie dem frühen [hochformatigen] Bestetten des Edlen Hirsches mit dem Leithund [Th. 16] der 1729er Fürstenlust-Folge und obigem späten Anjagtshirsch [Th. 56]:)

» Immer im Hinblick auf den Anfang und die reife Leistung gesehen, wird man finden, wie wenig von vereinheitlichender Atmosphäre das frühe Blatt besitzt, es erscheint zerrissen. Dagegen verbindet auf dem späteren Querformat ein reich differenziertes, dabei jedoch gleichmäßiges, weit zur Tiefe gestuftes Waldesdunkel alle Einzelheiten. Zwei klar durch den mittleren, zweistämmigen Baum getrennte Lichträume durchhellen hier den homogenen Waldesschatten. Nun wieder das frühe Blatt mit den ‚Bestetten‘ des Hirsches. Die Lichtverteilung auf ihm ist kleinteilig. Die Schatten hinter dem Suchknecht links ohne jede Artikulation, anstelle des differenzierten, Waldestiefen ahnenlassenden Dunkels hindert ein Liniennetz, das gleich hinter den am Waldesrand stehenden Bäumen erscheint, unseren Blick wie ein Vorhang daran, in die Tiefe zu dringen « (S. 15).

Erst diese landschaftliche Fortentwicklung mit dem Licht als eines zentralen Aspektes ließ Ridinger zu dem

unstreitig »bedeutendste[n] Augsburger Landschafter

dieser Zeit« werden, als den ihn Ernst Welisch vor hundert Jahren erkannte, »obzwar er hauptsächlich als Tiermaler bekannt ist« (Beiträge zur Geschichte der Augsburger Maler im 18. Jhdt., 1901, SS. 91 ff.). Und als welcher er sich in anstehender Parforce-Folge so souverän darbietet. Und so liegt

» Der besondere Reiz [seiner] Jagddarstellungen in der charakteristischen Kombination von Jagdgeschehen und eindrucksvoller Landschaftsschilderung. Die Landschaft stellt bei Ridinger mehr als nur eine Folie dar, vor der sich das Geschehen abspielt, sondern sie zeigt immer den natürlichen Lebensraum des dargestellten Tieres «

(Stefan Morét, Ridinger-Katalog Darmstadt, 1999, Seite 103).

Inwieweit er auch hierin bewußt dem hiesigerseits schon früher als Vorbild nachgewiesenen Roelant Savery (1576-1639) folgt, bleibt ein im Auge zu behaltender interessanter Aspekt. Denn

» In allen Phasen seines künstlerischen Schaffens sind die Tiere (bei Savery) von der umgebenden Natur nicht zu trennen, obwohl im Laufe der Zeit eine Umkehrung des Vorrangs dieser beiden Hauptthemen festzustellen ist «

(Anne-Caroline Buysschaert im Savery-Katalog Köln/Utrecht, 1985/86, S. 51).

Ridinger’s »Par force Jagd des Hirschen«

sodenn geradezu als ein Schlüsselwerk seiner künstlerischen Natur/Tier-Kombination anzusprechen, ergibt sich solchermaßen von selbst.

Daß zudem der Blaue Reiter Franz Marc aus ihr Nektar sog

blieb bislang übersehen. Verwiesen sei auf die im Vordergrund nach links gehende

Par force Szenerie auf dem Aquarell Schloss Ried von 1914

– von zwei Hunden begleiteter Reiter mit wurfbereitem Speer in der erhobenen Rechten in Sicht von drei (Dam-)Hirschen, von denen der vorderste abgesondert ist; Holst, s. u., Abb. 11, S. 29 – die auf der vorderen Detailgruppe von Th. 57, Der Hirsch wird von dem Piquer aufgenommen …, mit dem nach links flüchtenden Hirsch, unmittelbar verfolgt von Einzelreiter mit Meute, fußen dürfte. Stand für die Beschäftigung Marc’s mit Ridinger bislang nur sein Holzschnitt Reitschule nach Ridinger von 1913 (Lankheit 839) als Ausschnitt-Interpretation der Hintergrundfigur des aufsitzenden Reiters des dritten Blattes (Th. 608) der 1722er Reitschule, so konnte hier jüngst schon für sein malerisches Spielende Wiesel von 1911, Hoberg-Jansen 144 nebst Abbildung, dem aus 1909/10 die gleichnamige Lithographie voranging, Ridinger als Quelle nachgewiesen werden, verratend zugleich die Kenntnis nun gleich mehrerer Ridinger-Kupfer aus durchaus verschiedenen Folgen, nämlich Th. 181, 476, 478 + 479.

» Aufschlussreich , dass Marc bei seiner sehr vertrauten Kenntnis der Kunstgeschichte

sich gerade diesen Meistern der Pferdedarstellung (Delacroix und Ridinger)

des 19. beziehungsweise 18. Jahrhunderts als Vorbildern zuwendet «

(Christian von Holst, Franz Marc – Pferde, 2003, SS. 166 ff. innert ‚… der Hufschlag meiner Pferde‘).

Daß Marc schließlich auch der typischere Ridinger’sche Baumschlag nicht fremd war ,

zeigt die rechte Baumgruppe seines malerischen Waldinneren Die Würm bei Pipping aus 1902/03, H.-J. 15 nebst Abbildung. Kurz, für höchstkarätige Malerei des 20. Jahrhunderts eine Ridinger-Bezogenheit

die in dieser Pluralität bislang übersehen worden ist ,

doch nicht verwundern sollte. Galt es ihm doch — der Tier-Seelenmaler Ridinger läßt grüßen —

» das Wesen des jeweiligen Tieres

rein und mit starker Gefühlsbetonung herauszubringen «

(Jahn, Wörterbuch der Kunst, 5. Auflage, 1957, Seite 436).

Man greife eben nur hinein ins volle Ridinger-Œuvre.

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