Mit dem kunsthistorisch bedeutsamen ,
warm empfundenen Sujet
des alten Pferdes
innerhalb der zweiten der Folgen nach Roos,
zugehörig den frühesten von Ridinger
nunmehr auch selbst in Kupfer übertragenen Arbeiten
Ridinger – Roos, Johann Heinrich (Otterberg, Pfalz, 1631 – Frankfurt/M. 1685). Viehstücke. Folge von 6 Blatt. Radierungen von Johann Elias Ridinger (Ulm 1698 – Augsburg 1767). Zwischen 1724 + 1728. Variierend bezeichnet: Iohan Hein. Roos invent. et del. / Elias Ridinger sculpsit Aqua forti. 26,8-27 x 30,7-31,3 cm.
Thienemann + Schwarz (Abb. I, S. 104) 797-802; Jedding, Roos, 1998, S. 169; Coppenrath Abt. II, 1577 ( „Sehr seltene Folge“, 1889 ! ); Reich auf Biehla 167, „Aeusserst selten“, 1894 ! ); Ridinger-Katalog Darmstadt, 1999, IV.10-15, cpl. ills. – Im Weigel’schen Kunstlager-Catalog, Abt. I-XXVIII (1840-1857), als einziges nur das Exemplar vor aller Schrift, IX, 10322, in 1840. – Kronen- + Wortmarken-Wz.
Das sehr schöne Exemplar der Sammlung „EK“ mit deren rückseitigem kleinen blauen runden Monogramm-Stempel (ligiert, Lugt 3549, nicht identifiziert, Zeichnungen und Grafik des 17.-19. Jhdts.) dieser bezaubernd schönen, mit „Aqua forti“ als Radierungen gekennzeichneten, zugleich
größten Ridinger-Roose
mit noch teilweise leichtem Facettenschmutz,
bis hin zum unversehrten Büttenrand gänzlich unbeschnitten
(oben + unten 7-7,5 cm breitrandig, seitlich 10-10,5 cm), also auch noch mit den links noch vorhandenen jeweils beiden Löchlein vom Aufhängen zum Trocknen! – Gesamthaft zwei/drei säurefrei hinterlegte Minirisse im äußersten Rand. Blatt 6 verso leicht altersfleckig, davon je zwei Stippen und etwas größere helle Braunflecken bildseits im rechten Seitenrand durchscheinend. Geglättete Mittelfalten.
Zustandsmäßig mit der Hertel-Adresse „Iohann Georg Hertli excud. Aug. Vind.“ (Thieme-Becker XVI, 552: Stammvater der Augsburger Kupferstecherfamilie, der später, nachdem er einen Teil des J. Wolffschen Verlages erworben hatte, selbst einen Verlag gründete; lebte noch um 1760) auf dem Eingangsblatt analog zu Thienemann + Schwarz. Die Grobeinteilung der Zustände: vor jeder Adresse – Wolff Erben – Hertel . – Die Platten-Numerierung ergibt die Reihe Th. 797 – 798 – 802 – 801 – 800 – 799 .
Unter den Szenerien dieser für Thienemann gegenüber der ersten „weit gelungenere(n) Folge“
so berühmte wie die programmatische der Gruppe
mit dem
kunsthistorisch bedeutsamen , warm empfundenen Sujet
des alten Pferdes ,
von dem Brockes sagte ,
man sähe es „Nicht gern und doch sehr gern an “.
Mittelbares Vorbild dieses schönen Blattes ist die Zeichnung der lagernden Tiere in Felslandschaft mit dem nach rechts gewandten stehenden alten Pferd von Johann Heinrich Roos (1631-1685) in Augsburg (Inv.-Nr. G. 1671; eine weitere unter Z.419 in Coburg), veröffentlicht als Pos. 54 im 87er Barockkatalog, von der angenommen wird, Ridinger habe sie zusammen mit deren Gegenstück, dem hier gleichfalls vertretenem bekannten Stier mit der Glocke (zusätzlich apart im herrlichen Druck der Sammlung Frisch vorliegend), besessen.
Daß Ridinger, was im Augsburger Katalog übersehen wurde, nach anstehendem Blatte Thienemann 488
– Eine gar alte Schind Gurre –
dem Sujet 30 Jahre später bei gleicher Links-Stellung, doch nun im typisch eigenständigem Umfeld
– auf einem Waldweg nach links vor einem beziehungsreich mächtigem Altbaum
und zerfallender Palisadenzäunung –
noch einmal ein Denkmal gesetzt hat, erinnert sowohl an gedachte Brockes’sche geistige Bewegtheit als vor allem auch an Roosens weit in die Zeit hineinreichendes Vorbild. Dem in weiterer Generation denn auch Joseph Georg Wintter mit 1783er Zeichnung + Radierung nachfolgte.
Doch auch nach vorn reicht die Kette über Roos selbst hinaus. So erinnert der 1985er Kaiserslauterer Roos-Katalog an Einflüsse Berchem’s und Dujardin’s, während Nikulin im 1987er Eremitage-Katalog an van Laer (1592/95-1642) denkt.
Dies in hiesigem Zusammenhang schon deshalb von besonderem Interesse, da für Ridinger in jüngster Zeit unabhängig voneinander von verschiedener Seite generelle niederländische Einflüsse reklamiert wurden, denen nachzugehen bereits frühere Literatur angeregt hat.
Solchermaßen erweist sich hiesiges die Gruppe dominierendes „Abgelebtes altes Pferd“ über den bildhaft-geistigen Charme hinaus als
ein hochinteressantes , demonstratives Bindeglied
in zeitlich beide Richtungen .
Die Zusammensetzung der Folge im einzelnen entsprechend ihrer Thienemann unbekannt gebliebenen Nummerung :
1. Eingebettet in die Titel-Staffage junger Schäfer und „fressende Ziege mit strotzendem Euter“. – 2. Der Stier mit der Glocke in Gemeinschaft mit meckernder Ziege + 4 Schafen. – 3. Besagtes altes Pferd, je ein(e) Ochse + Ziege, 5 Schafe. – 4. „(E)in lebensmüder Esel mit Sattel“ + 7 Schafe. – 5. Der wiederkäuende Stier nebst Kuh, Ziege, zwei Schafen + Lamm. Im Hintergrund Hirte mit drei weiteren Rindern nebst Ziege + Schaf. – 6. Ziegenbock + Ziege, Mutterschaf mit säugendem Lamm, 5 weitere Schafe.
Zur generellen gesellschaftlichen Einordnung der Folge äußert sich Stefan Morét im Darmstädter Katalog (S. 27) wie folgt :
„ Auch in den Werken der Familie Roos ist die Herausarbeitung und eindringliche Wiedergabe des individuellen ‚Charakters‘ der dargestellten Tiere ein zentrales Anliegen. Dies mag es gewesen sein, was Ridinger dazu veranlaßt hat, zu Beginn seiner Laufbahn mehrere (4 bzw. 5) Serien nach Zeichnungen Johann Heinrich Roos’ zu radieren …
An seinem Vorbild hat Ridinger vermutlich die genaue und eindringliche Schilderung der charakteristischen Eigenschaften oder Temperamente der dargestellten Tiere interessiert, also das etwas stumpfe Stieren des Ochsen, das Dösen der Schafe, die Wachsamkeit der Ziege. In Ridingers ab 1738 erschienener Folge ‚Entwurff einiger Thiere‘ beobachtet man ein ganz ähnliches Interesse an den ‚Actionen und Leidenschafften‘ der Tiere, das allerdings bei Ridinger seinen naturkundlichen Neigungen verdankt wird.
Die Viehstücke in italienischer Landschaft nach Johann Heinrich Roos wurden in der Zeit ihrer Entstehung als
Gegenentwürfe zum bürgerlichen städtischen Leben
gedeutet. Auch im 18. Jahrhundert konnten sie noch so verstanden werden … . “
Und noch 1900 gleichbewertete Helbing ein brillantes Exemplar der Folge mit 60 Goldmark der Suite der Vierjahreszeiten des Jägers oder mit der Hälfte eines schönen Exemplars des 23blätt. Satzes der Jagtbaren Thiere und höher als die brillanten, doch beschnittenen Drucke der Imperialen Th. 67/68 (50 Goldmark).
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Jan Hendrik Niemeyer
Leben · Werk · Nachruhm in Daten + Annotationen
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